Zahlungsunfähigkeit gem. § 66 IO
Stand 12.11.2025
1) Allgemeines
Gem. § 66 Abs. 2 IO gilt: „Zahlungsunfähigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt.“
2) Grundsätze
Aus OGH RS0064528 lassen sich folgende Grundsätze für das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit ableiten:
- mangels bereiter Mittel nicht nur vorübergehend außerstande, fällige Geldforderungen regelmäßig zu erfüllen
- Nichtleistung nach Verurteilung in mehreren Verfahren
- fruchtlose Mahnungen
- ergebnislose Exekutionen
- Tilgung immer nur der dringlichsten Verbindlichkeiten
- nicht nur zeitlich befristete Zahlungsstockung
- Zurückhaltung einzelner Schulden, weil Schuldner in Wahrheit nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten regelmäßig zu befriedigen
- fallweise oder punktuelle Befriedigung nach der Methode "Loch auf, Loch zu" können nicht die Annahme der Zahlungsunfähigkeit verhindern
- erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald beschaffen zu können
- > 5% aller fälligen Schulden können nicht beglichen werden
3) Insolvenzantragspflicht
Gem. § 69 Abs. 2 IO ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Diese Verpflichtung betrifft auch die organschaftlichen Vertreter juristischer Personen, also grds. den/ die Geschäftsführer.
4) Insolvenzverschleppung
Wird der Insolvenzantrag verspätet gestellt, folgt die persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Gläubigern (Außenhaftung), bei juristischen Personen auch gegenüber dieser selbst (Innenhaftung). Ferner sind strafrechtliche Konsequenzen bei Verwirklichung von Kridadelikten (§§ 156 ff StGB) zu beachten.
5) Informationsgrundlagen
Die Zahlungsunfähigkeit kann niemals auf Basis von Bilanzdaten alleine beantwortet werden, da die Bilanz die erforderlichen Daten nicht enthält:
- Fälligkeit nicht ablesbar
- Entwicklung, wie Zahlungserleichterung (Stundung, Raten), Schulderlass, Tilgungen nicht ablesbar
- keine Information über derzeit/ in Zukunft verfügbare Kreditlinien
- (nicht) offenstehende Mittelherkunft
- aus Anlage- oder Umlaufvermögen Fristigkeit (Bindung/ Liquidierbarkeit) nicht ableitbar
Außerden sind Bilanzen (max. 9 Monate im Nachhinein) und Buchhaltungen (max. ca. 40-100 Tage im Nachhinein) vergangenheitsbezogen. Die Ermittlung der Zahlungs(un)fähigkeit hat aber grundsätzlich stichtagsbezogen und aktuell zu erfolgen:
+ Bargeld
+ Buchgeld
+ offene Kreditlinien
+ fällige und einbringliche Forderungen
+ Sparguthaben
+ Kapitalmarktpapiere
+ Edelmetalle
+ sonstiges leicht/ kurzfristig verwertbares Vermögen
- heute fällige Schulden
= >/< 0
Bitte reagieren Sie rechtzeitig.
Verfasser: StB. Mag. Reinhard Michlits